Beschreibung
Diese umfangreiche Analyse des Problems der profaschistischen Intelligenz in Europa behandelt ca. 80 europäische Intellektuelle – unter den Deutschen Martin Heidegger, Gottfried Benn, Ernst Jünger, Carl Schmitt, Ernst von Salomon, Arnolt Bronnen und mehrere nationalsozialistische Schriftsteller, wie Hans Grimm, Hanns Johst und E. G. Kolbenheyer. Bei den Franzosen sind unter anderem dargestellt: Céline, Drieu La Rochelle, Brasillach, Montherlant, Morand, Jouhandeau sowie der Nobelpreisträger Alexis Carrel. Die bedeutendsten Italiener, die hier diskutiert werden, sind D’Annunzio, Marinetti, Pirandello, Ungaretti, Papini, Malaparte, Gentile und andere. Thematisierte Intellektuelle aus der nordischen Region sind z.B. Ezra Pound, W. B. Yeats, Knut Hamsun, Sven Hedin, Kaj Munk und der Finne Eino Kaila. Die Rumänen Mircea Eliade und E. M. Cioran werden ebenso analysiert wie bei den Spaniern der sogenannte „literarische Hof“ um José-Antonio Primo de Rivera.
Das Buch zeigt die Leere jeder dogmatischen und deterministischen Position und spricht für die Freiheit der Ideen, die mißbrauchbar und deshalb gefährlich sein können. Was wir als politisches Geschehen betrachten ist oftmals leere Substanz, denn „die Politik“ kennt keine klaren Grenzen. Begriffe wie „links“ und „rechts“ verlieren ihre Schärfe: sie können als eng politisch, aber auch als sehr breit aufgefaßt werden.
Die Faschisten verstanden sich als eine breite Bewegung zur Rettung des alten Europas. Ihr Fehler war, daß sie diese an Nietzsche angelehnte Weltanschauung mit der niederen „Politik“ identifiziert haben. Das Buch relativiert daher den Begriff des politischen Engagements. Es ging mehr um gemeinsame Mythen, die jeder im persönlichen Kontext unterschiedlich verstand, vom Kampf gegen den Rationalismus und die Plutokratie bis zur Renaissance unterschiedlichster Religionen. In einem breit angelegten Vergleich erhält jeder europäische Intellektuelle seine eigene Position zugewiesen: Ihre Einstellungen variieren vom zynischen laissez-aller bis hin zu einem leichtgläubigen Idealismus und Illusionismus. Einige blieben Mussolini und Hitler bis zum Ende treu, andere verblieben in einem literarischen Fegefeuer, wieder andere wurden Märtyrer.
Inhalt
I. Einleitung
Der italienische Faschismus und seine historischen Hintergründe
Die Machtergreifung der Nationalsozialisten
Die extreme Rechte Frankreichs
Die Schwarz- und Blauhemden der britischen Inseln
Der spanische Falangismus
Die demokratischen nordischen Länder und die Verführung des Faschismus
Die Legion des Erzengels Michael
Einheit und Vielfalt des Faschismus
II. Die Intellektuellen und die Faszination des Faschismus
Der Faschismus als begriffliches Problem
Das neue Risorgimento
Wiedergutmachung für den “Schandfrieden” von Versailles
Faszination des Faschismus im Schatten der Okkupation
Die Verführung des Faschismus in der Heimat des Parlamentarismus und in Irland
Faschismus in den nordischen Ländern
Rumäniens faschistische Mystiker
Die spanische Falange und die Intellektuellen
Die Europäische Schriftsteller-Vereinigung
Zur Vielschichtigkeit des Engagements
III. Analyse der Ideenwelt
Der Politikbegriff
Zum Problem des ideologischen Determinismus
Die Verlockung des Irrationalismus
Selbstmord der Vernunft?
Der Mythos von der Wahrheit als Fata Morgana
Exaktheit ist nicht Wahrheit
Mißtrauen gegenüber der Güte des Menschen
Europa in der Sackgasse?
Gegen den Fortschrittsglauben
Künstlerische Avantgarde und politische Reaktion?
Zivilisation in Gefahr?
Das Leben als Kampf
Der Sozialdarwinismus
Pazifistische Tendenzen
Göttliches Leben
Tragischer Optimismus
Hin zu einer diesseitigen Mystik
Antiintellektualismus
Das Problem der Moral
Idealismus jenseits von Gut und Böse
Puritanismus
Das Opferideal
Der Kult der Virilität und der Antifeminismus
Gegen die Tyrannei des Geldes
Nation und Rasse
Der Nationalismus
Rassenmythologie
Antidemokratische Tendenzen
Die Schwäche des Parlamentarismus
Dumme Mehrheit
Individuum oder Gesellschaft?
Der Führerkult
Das Verhältnis der Intellektuellen zum Kommunismus
IV. Nützliche nordische Idioten?
V. Nietzsche als Mystagoge des Faschismus
VI. Zusammenfassung
Fußnoten
Literaturverzeichnis
Personenverzeichnis
Der Autor
Prof. Dr. Tarmo Kunnas (geb. 1942) ist ein ehemaliger Humboldt- und DAAD-Stipendiat (Schüler u.a. von Ernst Nolte in Marburg). Er war Gastprofessor an den Universitäten Göttingen und an der Sorbonne Nouvelle (Paris 3), ferner Senior Fulbright Scholar an der Yale-Universität, Professor der allgemeinen Literatur an den Universitäten Helsinki und Jyväskylä (Finnland). Er hatte zuletzt dort den Lehrstuhl für Weltliteratur inne. Tarmo Kunnas hat mehrere Bücher veröffentlicht, u.a. über Friedrich Nietzsche (Nietzsches Lachen und Politik als Prostitution des Geistes, über „das Böse“, über französische Literatur und Kultur, sowie über „die Liebe“). Der wohl wichtigste italienische Faschismus-Forscher Renzo de Felice (Intervista sul fascismo) hat behauptet, die Doktorarbeit von Tarmo Kunnas (La Tentazione Fascista) aus dem Jahre 1972, auf der sein neuestes Werk nun aufbaut, sei „die beste Analyse der faschistischen Ideologie“ überhaupt.
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