Beschreibung
Der 50. Geburtstag von „68“ wurde mit viel Weihrauch und Heiligsprechung begangen. Kritik und Selbstkritik sind nach wie vor eher nicht angesagt. Dabei haben die 68er eine durchaus ambivalente Vor- und Wirkungsgeschichte. Einerseits rühmen sie sich großspurig, aber zu Unrecht, mit ihnen hätten die Liberalisierung der Bundesrepublik und die Aufarbeitung der NS-Vergangenheit begonnen. Tatsächlich sind sie auf Entwicklungen aufgesprungen, die längst in Gang gekommen waren. Bei allem Anti-Amerikanismus, den sie vor sich hertrugen, übernahmen sie den größten Teil ihrer Ideologien und ihres Aktionismus von US-amerikanischen Vorbildern, einschließlich der „Reeducation“-Absicht der Westalliierten. Andererseits haben die 68er – und ihre Epigonen – erfolgreich den Marsch durch die Institutionen beschritten. Dies aber nicht nur in den linken Parteien Deutschlands, sondern auch in großen Teilen der CDU, ferner in den Medien, den Kirchen und ganz besonders im Bildungsbereich. Hier haben sie womöglich die größten Schäden hinterlassen, nämlich in Form eines permanenten Abbaus von Anforderungen. Besonders „erfolgreich“ ist aber auch ihr Marsch durch die Definitionen. So können etwa die Gesinnungsdiktaturen von „Political Correctness“ und „Gender“, beide ebenfalls aus den USA kommend, mit Fug und Recht als Enkel-Ideologien der 68er angesehen werden. Ähnliches gilt für die „Multikulti“-Ideologie, für das Sympathisieren mit dem Islam und für nationalallergische Affekte.
Diese fragwürdige Bilanz der 68er und ihrer Vollender verdankt sich zu erheblichen Teilen dem Versagen der Bürgerlichen. Sie sind bis zum heutigen Tag nicht fähig und nicht bereit zu ideologiekritischer Auseinandersetzung – so dringend diese geboten wäre. Josef Kraus ergründet das übernationale Phänomen „68“ anhand vieler historischer Beispiele und flankiert sie mit einer breit angelegten Literaturschau. Die „Umerziehung“ durch die Ideologien der 68er hat er als Gymnasiallehrer unmittelbar erlebt. Ihre Metatastasen diagnostiziert er in den Zellen aller gesellschaftlichen Institutionen.
Der Autor
Josef Kraus (Jg. 1949), Gymnasiallehrer, Diplom-Psychologe, leitete als Oberstudiendirektor von 1995 bis 2015 ein Gymnasium in Bayern. Von 1987 bis 2017 war er ehrenamtlicher Präsident des Deutschen Lehrerverbandes (DL). Von 1991 bis 2013 gehörte er dem Beirat für Fragen der Inneren Führung beim Bundesminister der Verteidigung an. 1995 war er bei einem Wahlsieg der CDU vorgesehen als Kultusminister in Hessen; dort war er von 2014 bis 2018 Ständiger Experte in der Bildungskommission des Landtages. Josef Kraus ist als Kolumnist, Festredner, Talkshowgast und Buchautor vielfältig publizistisch tätig. Zu seinen erfolgreichsten Büchern gehören Spaßpädagogik – Sackgassen deutscher Schulpolitik (1998), Der Pisa-Schwindel (2005), Ist die Bildung noch zu retten (2009), Helikoptereltern (2013) und Wie man eine Bildungsnation an die Wand fährt (2017). 2009 wurde er mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet. 2018 wurde ihm der Deutsche Sprachpreis der Henning-Kaufmann-Stiftung zugesprochen. Bayerns Kultusminister Ludwig Spaenle nannte Kraus 2015 einen „Titan der Bildungspolitik“, die Stuttgarter Zeitung 2017 einen „Kraftmeier der Bildungspolitik“. Für die Süddeutsche war er ebenfalls 2017 „Der Patriarch“. Die F.A.Z. schrieb 2013 über ihn: „Josef Kraus nimmt kein Blatt vor den Mund.“
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