Beschreibung
Der Mönch und Wittenberger Theologieprofessor war ein Revolutionär. In der Weltgeschichte findet sich keine Gestalt, die um des Glaubens und der Wahrheit willen entschiedener den Umsturz bewirkt, eine Revolution herbeigeführt und dann schließlich auch bejaht hat.
Die Reformation war ein Geschehen, das vier volle Jahrzehnte überspannte. Sie begann mit dem sogenannten Turmerlebnis Luthers um 1515, setzte mit Luthers 95 Thesen gegen den Ablaßhandel im Oktober 1517 ein erstes öffentliches Fanal und wurde beendet vom Augsburger Religionsfrieden des Jahres 1555. Die Etappen dieses Prozesses sind identisch mit den Etappen der tiefgreifendsten Revolution, von der Europa jemals erfaßt wurde. Kein Umsturz war so grundsätzlich und erfaßte breitere Fundamente. Luthers Revolution wurde allerdings verdeckt, diszipliniert und getarnt unter dem Etikett „Reformation”; ihr Feuer wurde damit nicht gelöscht.
Und mit seiner Bibelübersetzung legte Luther zudem den Grundstein für die deutsche Hochsprache und damit für ein Zusammengehörigkeitsgefühl der Deutschen, für ein deutsches Nationalbewußtsein. So hat sich in diesem Mann das entscheidende Doppelprinzip der christlichen Moderne und der politischen Neuzeit verkörpert: der Anspruch des Gewissens und des Glaubens und das Recht des einzelnen Menschen und des ganzen Volkes auf Freiheit.
Hellmut Diwald (1924–1993), der 1978 mit seiner „Geschichte der Deutschen“ großes Aufsehen erregte, setzt dem deutschen Revolutionär und Glaubenserneuerer Luther mit dieser packend geschriebenen Biographie ein würdiges Denkmal.
„An einer Tatsache ist jedenfalls nicht zu zweifel: Ob Luther die alte Kirche gespalten hat oder nicht, ob seine Schöpfung einer neuen Lehre und Glaubensgemeinschaft Europa in zwei Teile zerriß oder nicht, das heißt, ob die neue Zeit, die Moderne, auf die Geburtshilfe dieses Mannes angewiesen war oder man sein Separieren geschichtstheologisch und -philosophisch anders deutet: Mit der Bibel und ihrer Sprache schuf Luther die Einheit der Deutschen in einem weit fundamentaleren Sinn als nur dem vordergründig politischen. Die Lutherbibel wurde zu einem untrennbaren Bestandteil der deutschen Familien, ja des Deutschen überhaupt. Sie wurde zur Grundlage der inneren Vereinheitlichung Deutschlands.”
Hellmut Diwald
Inhalt
1. Das Gewitter
Magister in Erfurt – Die Stolpersteine der Erinnerung – Schwermut und Todesgedanken – Das Elternhaus, die Schule – »Gott geh, daß es wohl gerate!«
2. Im Kloster
Rom und Europa zu Beginn des 16. Jahrhunderts – Das turmreiche Erfurt – Novize im Schwarzen Kloster – Die erste Messe – Wechsel nach Wittenberg
3. Luther in Rom
Reform der deutschen Augustinerklöster – Die Reise – Die dritte Generalbeichte – »Ein toller Heiliger«
4. Doktor der Theologie
Der erzwungene Doktorhut – Zweifel bis zum Verzweifeln – Staupitz – »Herold der Gnade und des Kreuzes« – Das sogenannte Turmerlebnis
5. Die Thesen
»Nicht in die bloße Majestät Gottes gaffen« – Mit Ämtern überhäuft – Der Ablaß – Kirche ohne Geld? – Sturmsignale der Lutherrevolution – Erzbischof Albrecht von Mainz – Wenn das Geld im Kasten klingt – Das Thesenpapier
6. Der Kampf mit Rom
Blitzstrahl aus Rom – Die Heidelberger Disputation – Rom beginnt den Prozeß – Verhör in Augsburg – Die Mission des Karl von Miltitz
7. Das große Duell
Literarisches Klingenkreuzen – Vorgefechte – Die Eröffnung – Der Hauptkampf – Unbewußte Hussiten
8. Das Schlüsseljahr 1520
Ein guter starker Zorn beflügelt – In den Fesseln Babylons – Von der Freiheit eines Christenmenschen – Trompetenstoß zum Angriff – Meine Demut soll ein Ende haben – Der Bann wird angedroht – Scheiterhaufen brennen
9. Der schwere Gang
Geistliche gegen weltliche Gewalt – Triumphzug nach Worms – Das erste Verhör – »Gott helfe mir, Amen«
10. Auf der Wartburg
Das heidnische, tyrannische, neronische Edikt – Junker Jörg – Die tausend Teufel des Fleisches – Revolution oder Reform? – Kirchenpostille und Septemberbibel
11. Die Rottengeister und Schwärmer
Aufruhr und Empörung – Die ersten Jakobiner des Wittenberger Glaubens
12. »Ich hab’s gewagt!« – Hutten und die Ritterschaft
Mit Feder und Schwert – Die Reden gegen Herzog Ulrich – Freiheit und Vaterland – Reform mit Hellebarden – Das Ende der Ritterschaftsbewegung
13. Die Gewalt dem gemeinen Volk
Der Bundschuh – Die Zwölf Artikel – Aufruhr, Erfolge, Niederlagen – Luthers erste Wende – Fürsten contra Christen – Luthers Pakt mit der Obrigkeit – Vertragt und einigt euch! – Der Satan von Allstedt – »Darum, liebe Herren, stechet, schlaget, würget!«
14. Rettung der Revolution
Die Rechtfertigung – Papst in Wittenberg – Herr Doktor Käthe – Ein guter Geselle
15. Bauherr des Kirchenregiments
Das grüne Licht von Speyer – Die Visitationsordnung – Das ist mein Leib! – Fernlenkung von der Veste Coburg
16. Propheta Germaniae
Warnung an die lieben Deutschen – Die eifrigen Schmalkaldener – Das deutsche Ereignis
17. Ein letztes Mal: Gegen Rom!Das Pamphlet – Wir sind Bettler – Der schwere Glaube
Zeittafel
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