Glockenspiel abgeschaltet

Das Glockenspiel der ehemaligen Potsdamer Garnisonkirche ist seit dem Wochenende verstummt. Auf Anweisung des Potsdamer Oberbürgermeisters Mike Schubert (SPD) erklingt das Glockenspiel nicht mehr, weil es – 28 Jahre nach seiner Aufstellung – Kritik an mehreren Inschriften auf den Glocken gibt. Es fände sich eine „Reihe revisionistischer, rechtsradikaler und militaristischer Widmungen“ darauf. So stünde auf einer Glocke beispielsweise die preußische Losung „suum cuique“. Da die deutsche Übersetzung „Jedem das seine“ aber auch über dem Tor des Konzentrationslagers Buchenwald stand, stören sich Kritiker jetzt an der Inschrift. Die Widmungen sollen nun wissenschaftlich untersucht und das Ergebnis dann öffentlich diskutiert werden. Bis zum Abschluß des Prozesses schweigen die Glocken. Ob sie überhaupt jemals wieder erklingen werden, ist ungewiß.

Gestiftet hatte das Glockenspiel als Anfangssymbol für den Wiederaufbau der 1945 zerstörten Garnisonkirche übrigens der frühere Bundeswehroffizier Max Klaar mit seinem Verein Traditionsgemeinschaft Potsdamer Glockenspiel (TPG). Klaar schwebte die originalgetreue Rekonstruktion des gesamten Kirchengebäudes vor. Die 1735 errichtete Garnisonkirche war ein Wahrzeichen Potsdams. Friedrich Wilhelm I. hatte den Bau beauftragt. Zur Kontroverse um den seit 2017 begonnenen Wiederaufbau trug der „Tag von Potsdam“ bei. Am 21. März 1933 hatten sich Reichskanzler Adolf Hitler und Reichspräsident Paul von Hindenburg dort zu einem Festakt getroffen. Nach einem Luftangriff am 14. April 1945 brannte die Kirche aus. 1968 ließ die SED die Ruine aus ideologischen Gründen sprengen.